Pressemitteilung

Sogenannte Einigung über Rückforderungen des Berliner Senats von Kita-Trägern: Der Deutsche Kitaverband protestiert

22. Juni 2020. Der Deutsche Kitaverband wirft dem Senat für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin weiterhin Wortbruch vor. Ende März hatte Senatorin Sandra Scheeres in einer Pressemitteilung sowie über soziale Medien verlauten lassen: „Die Entgeltfinanzierung der Kitaträger und Träger der Hortbetreuung ist trotz der Corona-Krise gesichert. Darauf haben die Finanzverwaltung und wir uns verständigt. Sie bekommen die Entgelte in der bisherigen vereinbarten Höhe, wenn nicht vom Bund, dann vom Land.“

Sachkostenzuschuss nachträglich kürzen?

Nun will der Senat von den Trägern plötzlich Geld zurück. 25 Prozent des im Corona-Zeitraum gewährten Sachkostenzuschusses fordert er ein. Sachkostenzuschüsse werden vor allem für das Gebäude und seine Bewirtschaftung, für Einrichtungsgegenstände und Verpflegung gewährt. Die Träger hätten schließlich während des Notbetreuungszeitraums Geld eingespart. Der Deutsche Kitaverband lehnt diese Rückforderungen und auch den am Donnerstag mit den Wohlfahrtsverbänden erzielten Kompromiss ab. Die Rückforderungen seien unlauter und auch in ihrer Höhe weiterhin nicht nachvollziehbar. Die sozialunternehmerischen Kita-Träger seien ferner zu dem Treffen nicht eingeladen gewesen.

Wolfgang Freier, Geschäftsführer der Gemeinnützigen BOOT GmbH, die in Berlin elf Kitas betreibt, hat für seine Häuser nachgerechnet und die Sachkosten von März bis Mai 2019 mit denen vom gleichen Zeitraum 2020 verglichen: „2020 lagen unsere Sachausgaben lediglich um 0,34 Prozent unter denen vom Vorjahr“, erklärt er. „Das entspricht eher normalen statistischen Schwankungen. Die Rückforderungen des Senats entbehren also jeder realen Grundlage.“

Kitas freier Träger unterfinanziert

Der Senat meinte, bei den Kita-Trägern gleich noch eine weitere Geldquelle aufgetan zu haben. 970,00 Euro je Platz und Monat sollten sie pro Betreuungsvertrag zurückzahlen, der regulär zwischen März und Mai 2020 gestartet wäre. Denn bezuschusst werden nur Plätze, die auch tatsächlich belegt sind. „Fakt ist jedoch, dass unsere Kosten für Personal und Räume konstant bleiben“, sagt Wolfgang Freier. Das Problem, erklärt er weiter, sei ein Grundsätzliches: „Immer im zweiten Halbjahr, wenn viele Kinder in die Schule kommen, bleiben zunächst zahlreiche Plätze in den Kitas leer. Das liegt daran, dass eine gute Eingewöhnung sehr zeit- und personalintensiv ist. Dadurch können die neuen Mädchen und Jungen nur zeitversetzt in der Kita starten. Erst im Januar sind daher in der Regel alle Plätze wieder belegt. Das bedeutet, dass unsere Finanzierung im September vorrübergehend um rund 20 Prozent einbricht“, erklärt Freier.

Da gemeinnützige Organisationen so gut wie keine finanziellen Rücklagen bilden dürfen, ist die Finanzsituation vieler Kitas dadurch regelmäßig prekär. Waltraud Weegmann, Vorsitzende des Deutschen Kitaverband, fordert die Politik auf, die Corona-Krise als Weckruf für eine Trendwende in der Kita-Finanzierung zu begreifen und diese in Zukunft verlässlich und krisensicher zu gestalten. Aktionen, wie die des Berliner Senats, wirkten jedoch kontraproduktiv und zerstörten Vertrauen.

„Wertschätzung sieht anders aus!“

Als Heldinnen und Helden des Alltags bezeichnete Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller am 26. April neben Menschen aus anderen Berufsgruppen auch Erzieherinnen und Erzieher und stellte ihnen eine Sonderzuwendung von bis zu 1.000 Euro in Aussicht. Für die Mehrzahl der Fachkräfte, nämlich solchen, die bei freien Trägern beschäftigt sind, folgte das Erwachen auf dem Fuße: Die Regelung sollte nur für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gelten. Inzwischen lenkte der Senat ein und kündigte an, sich mit höchsten 50 Prozent an einer Zuwendung für maximal 20 Prozent der Beschäftigte freier Träger zu beteiligen, „die besondere Leistungen“ in der ersten Phase des Kita-Lockdowns erbracht hätten. Was das genau heißen soll, bleibt offen. Genauso unklar ist, wie die Träger die übrigen Kosten stemmen sollen.

„Das geplante Zeichen der Wertschätzung für unsere Beschäftigten ist schon lange ins Gegenteil umgeschlagen“, ärgert sich Wolfgang Freier.

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