Positionspapier

Technische Lösungen bei der Eindämmung von Corona ausschöpfen

Dem Recht der Kinder auf Bildung Geltung verschaffen

Das Corona-Virus wird uns auf absehbare Zeit erhalten bleiben und längerfristig in allen Lebensbereichen Schutzmaßnahmen nötig machen. Umso wichtiger ist es, ausgewogene Strategien zu entwickeln, die neben dem Gesundheitsschutz auch dem Recht der Kinder auf Bildung in Kitas und Schulen Geltung verschaffen. Außerdem gilt es, Familien vor übermäßigen psychischen und finanziellen Belastungen zu schützen.

Lüften

Zahlreiche Studien zeigen, dass ein Großteil der Corona-Infektionen durch AEROSOLE vor allem in Innenräumen verursacht wird. Abstandsregeln und Masken können in der Kita kaum eingesetzt werden. Ohnehin schützen sie nur vor einer Tröpfcheninfektion, aber nicht vor Aerosolen (Partikel, deren Durchmesser kleiner als 5 Mikrometer ist), die sich innerhalb von wenigen Minuten in der gesamten Raumluft verteilen und sich dort stundenlang halten. Bei längerem Aufenthalt in schlecht belüfteten Räumen kann sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch virenhaltige Aerosole erhöhen, sagt das Robert-Koch-Institut (RKI). Die Qualität der Raumluft ist also entscheidend. Gutes Lüften und viel Frischluft vermindern die Anzahl der herumschwirrenden Aerosolpartikel effektiv.

Das richtige Lüften muss deshalb unbedingt gelernt werden: Es muss mindestens einmal pro Stunde eine Durchlüftung durch vollständig geöffnete Fenster und eine Luftabzugsmöglichkeit (z.B. offene Tür) über mehrere Minuten vorgenommen werden. Bei Husten und Niesen einzelner Personen, sollte sofort eine Stoßlüftung durchgeführt werden.

Besser wäre sogar, jede halbe Stunde 15 Minuten im leeren Raum bei offenen Fenstern und Türen zu lüften. Das ist in der Praxis aber kaum darstellbar. Weiteres Problem: In vielen Gebäuden lassen sich aus Sicherheitsgründen die Fenster ab dem zweiten oder dritten Stockwerk nur spaltweise öffnen und auf Kipp stellen, was kaum wirksam ist.

Technische Lösungen ausschöpfen

Wir sollten daher nichts unversucht lassen und zusätzlich mögliche technische Lösungen ausschöpfen, wie es in anderen Ländern bereits geschieht. Selbst die Bundeskanzlerin kündigte an, das Thema raumlufttechnische Anlagen werde in den nächsten Wochen eine große Rolle spielen.

Auch die TU Berlin bestätigt: Räume mit Lüftungsanlagen erfüllen bestehende Luft- Grenzwerte oft besser als Räume mit Fensterlüftung. Lüftungsanlagen sind zwar selten vorhanden, aber nachrüstbar. Sind Lüftungsanlagen vorhanden, sollten sie während der Pandemie durchgehend laufen. Beim Betreiben von Lüftungsanlagen sollte der Anteil der Umluft kleinstmöglich sein, sofern keine hochabscheidenden Filter eingebaut sind. Bei Neubauten und aufwendigen Sanierungen sei es am nachhaltigsten, wenn von vornherein baulich eine Grundlüftung über eine raumlufttechnische Anlage erfolge. In Schulen gelte dies bereits als künftig anzustrebender Regelstandard, schreibt das Umweltbundesamt in einer Stellungnahme.

In Flugzeugen und Gebäuden kommen außerdem Schwebstofffilter, sogenannte HEPA-Filter, zum Einsatz. Sie können deutlich kleinere Teilchen stoppen als etwa FFP- oder Alltagsmasken und gelten als sichere Variante im Kampf gegen Corona-Aerosole. Auch mobile Luftreiniger mit HEPA-Filter können dazu beitragen, die Zahl der Partikel in einem Raum zu senken.

Auch die Universität der Bundeswehr München rät zu mobilen Raumluftreinigern. Mit deren Filterkombination könnten selbst winzige Aerosol-Partikel zu annähernd 100 Prozent aus der Raumluft abgeschieden werden. In einem 80 Quadratmeter großen Raum könne die Aerosolkonzentration in sechs Minuten halbiert werden, wie Versuche zeigten.

Das Minimum an Technologie würde der Einsatz von günstigen CO2-Messgeräten darstellen, den auch das Umweltbundesamt empfiehlt. Mit Hilfe eines Ampelsystem warnen diese normalerweise vor einem zu hohen CO2-Wert in der Raumluft. Die Messgeräte könnten jetzt auch bei Corona zum Einsatz kommen: Wenn die Ampel rot zeigt, ist nicht nur der CO2-Wert hoch, sondern auch die Aerosoldichte – wie die Forschung bestätigt. Zeit zum Stoßlüften also.
Sinnvoll könnte es auch sein, die bestehenden Hygiene- und Gesundheitskonzepte der Kitas sowie das Lüften durch mobile Luftentkeimungstechnologien mit UV-C Strahlung zu ergänzen, wie sie in der Medizin und der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden. Denn diese reduzieren die Aerosol-Bildung und somit das Infektionsrisiko erheblich. Die Hersteller versprechen eine nahezu 100 prozentige Neutralisierung der Keime. Wissenschaftliche Untersuchungen über die Wirksamkeit in frequentierten Innenräumen liegen allerdings noch keine vor.

Der Einsatz von Technologie führt zu mehr Sicherheit und Vertrauen bei Mitarbeiter*innen, Eltern sowie Kindern und schützt sie effektiv – insbesondere in der kalten Jahreszeit. Die Frage, welche Technologie am geeignetsten ist, müssen letztlich Wissenschaft und Politik beantworten. Die Forschung muss vorangetrieben werden. Die Umsetzung muss von den Trägern vor Ort individuell erfolgen. Sie muss sorgfältig geplant und realisiert werden. Die Raumgegebenheiten müssen beachtet werden. Das regelmäßige Warten muss einkalkuliert werden.

Regelbetrieb muss der Gesellschaft etwas wert sein

Allerdings werden die Kosten beträchtlich sein. Entsprechende Investitionen müssen von der öffentlichen Hand getragen werden. Den Regelbetrieb von Kitas und Schulen auch in der kalten Jahreszeit aufrechterhalten zu können, muss der Öffentlichkeit etwas Wert sein. Bildungseinrichtungen müssen bei der Ausstattung mit raumlufttechnischen Anlagen Priorität vor anderen Bereichen haben. Einzelne Kommunen statten Kitas und Schulen auf Eigeninitiative mit Luftreinigungstechnologie aus. Infektionsschutz und damit Bildungschancen dürfen aber nicht vom Wohnort abhängen. Dies muss flächendeckend und rasch geschehen.

Technische Lösungen gegen die Corona-Pandemie sind notwendig, solange es keine wirksame Impfung gibt. Das auf 2020 und 2021 befristete Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro zur Corona-gerechten Umrüstung von Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ebenso die auf denselben Zeitraum beschränkten Investitionsmittel für den Kita-Ausbau aus dem Konjunkturpaket. Weitere Bundes- und Landesmittel müssen freigemacht werden!

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