Der Landesverband Berlin des Deutschen Kitaverbands kritisiert vor allem drei Punkte der RV-Tag-Vereinbarung:

  • Der Gültigkeitszeitraum des aktuellen Kostenblatts bis Dezember 2022 und die intransparente Kommunikation der Verhandlungsparteien lassen eine Finanzierungslücke für die Beschäftigten befürchten.
  • Die Anpassung der Sachkostenpauschale ist angesichts der seit Jahren steigenden Kosten und verschärft durch die Inflation unzureichend. Die Anpassung für 2022 entspricht noch nicht einmal 50 Prozent der Inflationsrate.
  • Kita-Träger werden sanktioniert, wenn sie die vertraglich gebundenen Plätze nicht mit dem vorgeschriebenen Personal abdecken können.

 Corona-Prämie und Finanzierungslücke

Für das pädagogische Personal, findet sich im neuen Kostenblatt eine Corona-Prämie für die Fachkräfte freier Träger in Höhe von 95 Prozent der für den öffentlichen Dienst eingeräumten Prämie. Steuerfrei können die Mitarbeiter*innen diese jedoch nur beziehen, wenn ihnen diese bis zum März 2022 ausbezahlt wird. Im Kostenblatt wird der Betrag jedoch auf 12 Monatsscheiben gesplittet. Die Träger müssen in Vorleistung gehen und den kompletten Betrag bis März zahlen, wenn sie ihren Mitarbeiter*innen den Zuschlag steuerfrei gewähren wollen. Die Zeit drängt: Die Berliner Kita-Träger brauchen schnellstmöglich die rechtliche Zusicherung, dass sie für ihre Vorleistung kompensiert werden, wenn sie die Corona-Prämie im März noch auszahlen. Sonst gehen sie in ein unkalkulierbares finanzielles Risiko. Das Nachsehen hätten die Mitarbeiter*innen.

Mehr noch: es bahnt sich nach Berechnungen des Deutschen Kitaverbands sogar eine Lohnkürzung für die Facherzieher*innen im Dezember an, die sich aus dem Gültigkeitszeitraum des Kostenblatts ergibt. Die Senatsverwaltung muss dringend das Folgekostenblatt für den Zeitraum Januar bis September 2023 zur Verfügung stellen, damit die Kita-Träger einen Überblick über die vorgesehenen Mittel erhalten. Erst dann wird deutlich, ob die für Dezember erkennbare Finanzierungslücke aufgefangen werden kann und tatsächlich eine tarifliche Steigerung nach TV-L für den Zeitraum Januar bis September 2023 vorgesehen ist. Es ist uns unbegreiflich, dass die Verhandlungsparteien hier so intransparent agieren und den Kita-Trägern gegenüber unzureichend kommunizieren.

Sachkosten

Angesichts der seit Jahren gestiegenen Sachkosten und einer Inflationsrate von rund 3 Prozent für 2021 reicht die Sachkostenanpassung von 1,9 Prozent bei weitem nicht aus. Dabei zeigte schon 2015 die Gestehungskostenanalyse des Senats eine chronische Unterfinanzierung bei den Sachkosten, die bis heute nicht ausgeglichen ist. Zwischen 2017 und 2021 wurden zunächst 10 Prozent ausgeglichen. Jetzt sollen bis 2025 noch einmal 6,6 Prozent folgen. Es verbleibt eine Lücke von 20,9 Prozent. Berechnet man die aktuelle Inflationsentwicklung und Preisniveaus von Mieten, Ausstattungen und Bauleistungen mit ein, wird sich diese ab diesem Jahr noch weiter vertiefen. Die tatsächliche Sachkostensituation wird von den Beteiligten – Senatsverwaltung und freie Träger – unterschiedlich bewertet. Der Deutsche Kitaverband schlägt daher eine erneute Gestehungskostenanalyse auf Basis der finanziellen Ausgaben in 2021 vor.

Personalausstattung

Sobald ein Träger mit seiner Personalausstattung in einer Einrichtung unter dem Soll-Wert von 95 Prozent liegt, wird eine Rückzahlung an den Senat fällig. Beim kleinsten abzusehenden Fachkräftemangel wird der Kita-Träger die Betreuungsstunden nun vorübergehend herabsetzen, um eine mögliche Strafzahlung zu umgehen. Die Frage ist daher, ob sich die Verhandlungspartner über die praktischen Konsequenzen für die Eltern im Klaren waren. Mit einer drohenden Sanktionierung wird die Gewinnung und Bindung von Fachkräften zur finanziellen Überlebensfrage für viele freie Kita-Träger. Dabei haben die Berliner Eigenbetriebe hier erhebliche Vorteile, die mit den aktuellen Verhandlungsergebnissen weiter zementiert wurden: Die freien Kita-Träger erhielten keine zusätzlichen finanziellen Mittel, um mit den durch die Hauptstadtzulage besser zahlenden Eigenbetrieben gleichziehen zu können oder um den erhöhten Berliner Mindestlohn zu refinanzieren.

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