Stellungnahme des Deutschen Kitaverbands zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Vielfalt in der Kindertagesbetreuung – Trägerstrukturen in der Kinder- und Jugendhilfe“ der FDP-Bundestagsfraktion

Berlin, 27.01.2020. Zur Antwort der Bundesregierung nimmt Waltraud Weegmann, Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbands, wie folgt Stellung:

„Die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Vielfalt in der Kindertagesbetreuung – Trägerstrukturen in der Kinder- und Jugendhilfe der FDP-Bundestagsfraktion sind enttäuschend. Offensichtlich weiß das BMFSFJ wenig über die reale Situation freier unabhängiger Kitaträger und deren Benachteiligungen. In der Praxis verzerren verschiedene Formen der Ungleichbehandlung den Wettbewerb: beispielsweise die Vergabepraxis, häufig eine Schlechterstellung bei der öffentlichen Förderung, in einigen Bundesländern sogar der Ausschluss privat-gewerblicher Träger von der öffentlichen Förderung oder die mangelnde Vertretung in Jugendhilfeausschüssen sowie in Gremien auf Landes- und Bundesebene.

Konkret müssen freie Träger zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen eine Eigenleistung von bis zu 10 Prozent erbringen und nicht-gemeinnützige Träger erhalten gar keine Förderung. In anderen Ländern wiederum gibt es völlig andere Regelungen zur Finanzierung der Kitas. Dies bedeutet, dass die freien Träger, die nicht in großen Verbänden organisiert sind, mühsam die jeweiligen Landesregelungen erfragen müssen. Diese Form von Kirchturmpolitik macht den Marktzugang und das Agieren im Markt für viele kleinere Träger fast unmöglich, denn die damit verbundene Bürokratie bindet notwendige Ressourcen. Dem kann durch eine einfache gesetzliche Änderung Abhilfe geschaffen werden, und zwar mit dem Übergang zur Entgeltfinanzierung. Eine Entgeltfinanzierung, bei der das Geld dem Kind folgt, also der Leistungsberechtigte selbst den Anspruch auf die Sozialleistung hat, ist grundsätzlich unbürokratischer. Diese Finanzierungsform ist deutlich gerechter und gewährleistet das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern und damit die Vielfalt in der Trägerlandschaft.

Die Monopolkommission kritisiert in ihrem Hauptgutachten XX von 2012/2013 die ungleiche Förderpraxis von Kindertageseinrichtungen zulasten privatwirtschaftlicher Anbieter deutlich. Der quantitative und qualitative Ausbau der Kitaplätze in Deutschland scheitert in Wahrheit unter anderem daran. Mit Fug und Recht können wir als Deutscher Kitaverband behaupten, dass die durch das achte Sozialgesetzbuch (SGB III) kodifizierte Privilegierung bestimmter Trägergruppen das gesamte Kita-System hemmt.

Das Familienministerium geht leider wenig auf den Kern der Fragen ein. Auf die Frage, ob die Bundesregierung es für notwendig halte, die im SGB VIII aufgeführten Kirchen und Verbände der freien Wohlfahrtspflege um privatwirtschaftlich tätige Sozialunternehmen zu erweitern, geht sie nicht ein. Zu einer Novellierung des Paragrafen 75 des SGB VIII ist das Familienministerium offensichtlich nicht bereit. Dabei ist es richtig und wichtig, diese Fragen endlich anzugehen. Wie das Ministerium richtig feststellt, wurde der notwendige Ausbau der Kinderbetreuung in den letzten zehn Jahren in großem Maße durch die freien unabhängigen Träger gestemmt – und zwar trotz der Wettbewerbsnachteile. Das wird sicher auch in Zukunft der Fall sein, da das Engagement – beispielsweise der Kirchen – nachlässt, was die präsentierten Zahlen ebenfalls zeigen. Darüber hinaus kommt den sozialunternehmerischen Trägern inhaltlich-pädagogisch eine besondere Funktion zu, denn sie können flexibel neue Konzepte erproben und sind Motor für Innovationen und Qualität in der Frühpädagogik. Diese Dynamik sollte das BMFSFJ verstärkt fördern – und unsere Trägergruppe nicht nur als nützliche Idioten in der Kita-Versorgung behandeln.“

 

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