Gründung des Deutschen Kitaverbands Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung

Sozialunternehmerische Träger stehen vor enormen Ungleichbehandlungen

Der Deutsche Kitaverband steht im Mittelpunkt der Bachelorarbeit „Der Prozess der Gründung eines Interessenverbandes in einer ökonomisierten Bildungslandschaft – eine exemplarische Analyse der Entstehung eines Kitaverbandes“. Die Arbeit untersucht, wie sich der Gründungsprozess eines Interessenverbandes analytisch erfassen lässt. Dabei dient die fortschreitende Ökonomisierung des frühkindlichen Bildungssektors, die Einführung marktorientierter Steuerungselemente in der Kinder- und Jugendhilfe sowie die sich daraus ergebenden Folgen dieser neuen wettbewerbsorientierten Steuerungsmodelle als Ausgangspunkt, um deren Auswirkungen auf der Ebene institutioneller Trägerstrukturen genauer in den Blick zu nehmen.

Dabei wendet sich die Autorin, Danielle Sokolowsky, der steigenden Bedeutung von sozialunternehmerischen Trägern von Betreuungseinrichtungen zu. Trotz der Öffnung des Trägermarktes, dem Wunsch nach Pluralität und Innovationen im Bereich vorschulischer kindlicher Bildung und Betreuung sowie der zunehmenden Bedeutung der privaten Träger für die steigende Nachfrage an Betreuungsplätzen, stehen diese, besonders in den Bereichen Finanzierung und Mitsprache, weiterhin vor einer enormen Ungleichbehandlung.

Im Zuge der Untersuchung wurden fünf Experteninterviews mit Gründungsmitgliedern des Deutschen Kitaverbandes geführt. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil des Gründungsgeschehens von der Dominanz der Wohlfahrtsverbände und der Marginalisierung der sonstigen freien Träger im politischen Bereich beeinflusst wird. Durch tief verankerte Netzwerke haben die großen Wohlfahrtsverbände eine historisch bedingte Oligopol-Stellung, welche zu einer Benachteiligung der sonstigen privaten Träger im Gesamtsystem der deutschen Kinder- und Jugendhilfe führt. Diese Benachteiligung sowie die mangelnde Vertretung auf politischer Ebene können als Hauptmotiv für einen Zusammenschluss als Interessenverband gesehen werden.

Durch die Gründung des Deutschen Kitaverbandes spielt nun ein neuer, wachsender Akteur und Konkurrent im Trägermarkt mit. In der Untersuchung wurde festgestellt, dass dies unter anderem zu Verschiebungen im Machtverhältnis zwischen den Wohlfahrtsverbänden und den sonstigen freien Trägern sowie zu steigendem Konkurrenzdruck zu anderen regionalen Verbänden führt. Die Erhebung ergab aber auch eine zunehmende Annäherung von Trägern sowie eine wachsende trägerübergreifende Zusammenarbeit. Auch eine höhere Sichtbarkeit der sonstigen freien Träger auf Bundes- und Länderebene, sowie in der Öffentlichkeit konnte in der Untersuchung ausgemacht werden.

Die Bachelorarbeit liefert interessante Ergebnisse für den Forschungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe, da sie sich einem bisher noch vernachlässigten Bereich frühkindlicher Bildung zuwendet. Während bereits vorliegende Studien zu diesem Thema eine akteurszentrierte Perspektive aufzeigen, nimmt die Bachelorarbeit die Entwicklung auf einer institutionszentrierten Ebene in den Blick und betritt mit dem Fokus auf die Entwicklungsdynamik der sonstigen freien Träger von Kindertagesstätten in diesem Sektor forschungsbezogen Neuland.

 

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