Welche Konsequenzen aus dem Infektionsschutzgesetz lassen sich für Beschäftige wie Arbeitgeber zum jetzigen Zeitpunkt ableiten? Rechtsanwalt Detlev Heyder von der HKS – Heyder, Klie, Schindler Rechtsanwaltspartnerschaft mbB in Freiburg hat dem Deutschen Kitaverband Auskunft gegeben. Er weist darauf hin, dass eine gesetzliche Lücke vorliegt, weil die Kitaschließungen über eine individuelle Quarantäneanordnung hinausgehen. 

Infektionsschutzgesetz (IfSG): Entschädigungen für Erwerbstätige

Die Schließung von Einrichtungen als Maßnahme zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten kann für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Verdienstausfälle bedeuten. Nach §56 des IfSG haben sie unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Entschädigung für einen Verdienstausfall.
§ 56 IfSG kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn die dort im Abs.1 genannten Voraussetzungen vorliegen, dazu gehören „Verbote in der Ausübung“. Bei den Schließungen der Kitas liegt jedoch kein Verbot der Erwerbstätigkeit vor, da die Kitas zwar geschlossen sind (mit Ausnahme der Notbetreuung), die Mitarbeiter aber dennoch arbeiten dürfen und sollen. Zudem sind sie weder Ansteckungsverdächtige, noch Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern.
Das Infektionsschutzgesetz gilt also nur für solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die
  • aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes nicht in die Kita kommen dürfen,
  • sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben und deshalb aufgrund der Anordnung des Ministeriums 14 Tage nicht in der Kita arbeiten dürfen.
Anders gesagt, kann rechtssicher nur dann von Ansprüchen ausgegangen werden, wenn eine konkrete und einzelfallbezogene Quarantäne verhängt wurde.

Bei einzelfallbezogener Quarantäne

Wird eine individuelle Quarantänemaßnahme nach dem Infektionsschutzgesetz angeordnet, erhält der Arbeitgeber, wenn die Entgeltfortzahlung geleistet wird, eine Entschädigung von der zuständigen Behörde. Diese Entschädigung hat der Arbeitgeber nach § 56 Abs. 5 IfSG an die betroffene Person auszubezahlen; und zwar für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen. Die Höhe der Entschädigung ist abhängig von den Konditionen des Arbeitsverhältnisses; hierbei gelten gewisse Höchstbeträge.
Wichtig: Nach § 56 Abs. 11 Satz 1 IfSG ist für die Geltendmachung dieser Ansprüche eine recht kurze Frist von drei Monaten vorgegeben. Deswegen sollte rechtzeitig gehandelt werden.

Erstattung Betriebsausgaben

Der Arbeitgeber kann sich gemäß § 56 Abs. 4 Satz 2 Infektionsschutzgesetz auf Antrag von der zuständigen Behörde die nicht gedeckten Betriebsausgaben erstatten lassen, die während der Maßnahme weiterlaufen. Hierunter dürften auch die an Mitarbeitende fortzuzahlenden Gehälter fallen. Dieser Erstattungsanspruch ist jedoch auch von Billigkeitsgesichtspunkten abhängig. Sowohl der Bund wie auch die Länder haben erklärt, dass sie unterstützende Maßnahmen ergreifen. Deshalb wird derzeit davon ausgegangen, dass bei der Billigkeitserwägung großzügige Maßstäbe zugrunde gelegt werden.

Fazit zum Infektionsschutzgesetz

Die Regelung des § 56 Infektionsschutzgesetz bezieht sich nur auf eine individuelle Quarantäneanordnung. Im derzeit vorliegenden Fall gibt es also eine gesetzliche Lücke. Die durchaus vertretbare Auffassung, dass in der heutigen Situation eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung angezeigt ist, muss sich erst durchsetzen und kann nicht als Grundlage für die derzeitige rechtliche Bewertung herangezogen werden.
Aufgrund der Tatsache, dass es keine explizite gesetzliche Regelung für Entschädigung bei einer Betriebsschließung gibt, muss derzeit davon ausgegangen werden, dass von allen Beteiligten ein „Sonderopfer“ erbracht werden muss. In diesem Bereich ist allerdings der Gesetzgeber gefragt. Die derzeitige politische Diskussion spricht dafür, dass zeitnah mit Entschädigungsregelungen zu rechnen ist. Wie die Modalitäten einer Entschädigungsregelung aussehen und in welcher Höhe Entschädigungen erwartet werden können, ist noch völlig offen.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nicht um eine verbindliche Rechtsberatung des Deutschen Kitaverbands handelt. Der Deutsche Kitaverband übernimmt keine Gewährleistung für die Informationen.
Foto: CDC auf Unsplash