Positionspapier, Dezember 2023

1.    Zweck von Fort- und Weiterbildung (bei Erzieher:innen)

Lebenslanges Lernen ist ein wichtiges Stichwort unserer heutigen Zeit. Berufliche Fortbildung ist eine Weiterbildung, die jedem einzelnen die Chance gibt, berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu erhalten, zu erweitern oder aufgrund von gesellschaftlichen oder technologischen Entwicklungen die eigenen Qualifikationen anzupassen bzw. für einen beruflichen Aufstieg und die Karriere zu weiten. In jedem Job sind Fachkräfte mit Know-how und Wissbegierde gefragt.

Der Fachkräftemangel in den sozialpädagogischen Berufen führt nicht nur dazu, dass der Bewerber:innen-Markt nahezu leergefegt ist, sondern auch dazu, dass die verfügbaren Fachkräfte häufig direkt von der Ausbildung kommen und wenig Erfahrung haben. Das heißt:  Sie müssen in den Kitas von erfahrenen Kräften oder Kita-Leitungen angeleitet und eingearbeitet werden – und dies zusätzlich zu deren schon vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben. Dennoch ist in Zeiten des Fachkräftemangels die Qualität jede/r einzelnen Mitarbeiter:in entscheidend und macht den Unterschied zwischen reiner Betreuung und qualitativ hochwertiger Bildungsarbeit aus. Im Sinne unserer Kinder muss zweiteres unser Ziel sein und bleiben.

Die Politik hat das Thema grundsätzlich erkannt und eine Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) ins Leben gerufen. Die NWS steht – so das BMSF – für den Aufbruch in die Weiterbildungsrepublik: „Denn Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen bieten angesichts des digitalen, demografischen und ökologischen Wandels Entwicklungsmöglichkeiten, individuelle Chancen und sind zugleich ein Beitrag zur Fachkräftesicherung.“

2.    Fortbildung dient der Qualitätssicherung

Im Kita-Bereich sind die Mittel für Fortbildung gut investiertes Geld, denn Fortbildungen sind eines der zentralen Instrumente von Qualitätssicherung. Zugleich kommt es in Zeiten des Fachkräftemangels darauf an, die bestehenden Teams zu coachen und zu begleiten. Insbesondere in der Arbeit mit multiprofessionellen Teams werden zudem viel höhere Finanzmittel für die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter:innen benötigt.

Zukunftsfähige Kitas sind lernende Organisationen: Da die Bildungs- und Betreuungs-Dienstleistung Kita sich ständig an ein veränderndes Umfeld anpassen muss, muss verstärkt mit Ausbildung, Entwicklung und Förderung der Eigeninitiative gearbeitet werden, um die Ziele zu erreichen. Kitas legen für unsere Kinder die Grundlage für ihre Bildungsbiografie, hier beginnt soziales Lernen, hier machen sie erste Erfahrungen mit eigenen Projekten und erleben an ihren Erfolgen Selbstwirksamkeit.

3. Wissensmanagement als Mittel gegen den Fachkräftemangel

Durch den schwierigen Personalmarkt ist es den Kita-Trägern häufig nicht möglich Mitarbeiter/innen mit der nötigen Berufserfahrung, dem gewünschten Engagement und einem großen Ideenreichtum gewinnen zu können.

Die Herausforderung für die Träger: junge Fachkräfte, Quereinsteiger/innen und Auszubildenden so zu unterstützen und zu qualifizieren, dass sie auch in besonderen Situationen ihre Arbeit mit den Kindern solide erledigen können. Diese Qualifizierung und Unterstützung darf aber zugleich nicht dazu führen, dass die Personalsituation in den Teams noch weiter ausgedünnt wird.

Ein wichtiges Element für eine gute Qualität ist auch die Personalbindung. Wir beobachten, dass Mitarbeitende aus dem Berufsfeld wechseln, da sie zu wenig Unterstützung für die täglichen Anforderungen erhalten. (Fach)Beratungs- und Anleitungsbedarf gibt es bei der Analyse von Spielsituationen, bei Kindern mit herausforderndem Verhalten, bei Inklusionsleistungen und bei vielem mehr.

4. Lokale Praxis-Akademien einrichten

In lokalen Praxis-Akademien könnten auf einer gemeinsamen Plattform der jeweils lokalen Träger erfahrene Trainer:innen Mitarbeiter:innen Ausbildung im Sinne eines „Trainings-on-the-Job” anbieten. Trainer:innen könnten dabei langjährige, vielleicht bereits verrentete, Pädagog:innen sein. Die vielen Leitungen und Fachkräfte, die zurzeit bzw. in Kürze das Rentenalter erreichen, verfügen über einen Wissens- und Erfahrungsschatz, den es so lange wie möglich zu erhalten gilt. Sie könnten für praxisbezogene Weiterbildungen, Beratungen vor Ort und Coachings jüngerer oder besonders herausgeforderter Fachkräfte eingesetzt werden.
Eine Praxis-Akademie könnte Fortbildung im Alltagskontext anbieten, indem z.B. erfahrene Trainer:innnen eine Kita-Mitarbeiter:in gemeinsam mit einer Gruppe von Kindern betreut, Ideen einbringt und Rückmeldungen für gelungene oder zu verbessernde Interaktion gibt.

5.  Kosten der Fortbildungen

Auch in der Deutschen Wirtschaft ist das Thema Fortbildung längst angekommen. Laut einer Studie des IW Köln wurden im Jahr 2019 1.236 Euro pro Mitarbeiter:in in Weiterbildung investiert. Zahlen des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2020 ergeben: „Je teilnehmender Person entstanden den Unternehmen, die Lehrveranstaltungen anboten, Kosten in Höhe von 1.846 Euro. Die Weiterbildungskosten je Beschäftigten lagen in diesen Unternehmen bei 966 Euro.“

Im Gegensatz dazu setzen die öffentlichen Fördergeber verschwindend geringe Summen für Fortbildungen pro Mitarbeiter:in in Kindertagesstätten an. In der Jahresumfrage 2023 des Deutschen Kitaverbands hält dementsprechend mehr als die Hälfte der Teilnehmer:innen die von der öffentlichen Hand bereitgestellten Mittel für Fort- und Weiterbildung für (überhaupt) nicht ausreichend und nur 11 % halten sie für (völlig) ausreichend.

Die meisten Kommunen setzen erfahrungsgemäß maximal 300 Euro pro Mitarbeiter:in im Jahr an. Die aktuellen Pauschalen für die Fortbildungen in NRW sind sogar noch geringer (siehe Tabelle). Adäquat wären unseres Erachtens nach 2,8 Prozent vom Arbeitgeber-Brutto, also 1.500 Euro pro Jahr und Mitarbeiter:in.

6. Investitionen in Fortbildungen sind Investitionen in die Zukunft

Die aktuelle Diskussion zur Qualität endet meist in der Diskussion struktureller Qualität: wie hoch ist der Personalschlüssel pro Kind? Entscheidend ist aber die Prozessqualität: was bei den Kindern ankommt. Dabei geht es nicht um den Personal-/Kind-Schlüssel, sondern um die Kompetenz der Mitarbeiter:innen. Und diese zu entwickeln, kostet Geld.

Die Mitglieder des Deutsche Kitaverbandes halten es aufgrund ihrer Erfahrung für unabdingbar pro Mitarbeiter:in/Jahr deutlich mehr in Fortbildung zu investieren als bisher. Wir fordern die öffentliche Hand dazu auf, diese notwendige Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft adäquat zu fördern. Und damit dem hohen Stellenwert der frühkindlichen Bildung gerecht zu werden.

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