Positionspapier

Gleichbehandlung

Einführung

Seit dem 1. August 2013 haben Eltern für ihre Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz oder die Betreuung durch eine Tagesmutter. Dies bedeutet, dass die Kommunen in Deutschland gesetzlich verpflichtet sind, jedem Kind einen Kitaplatz oder eine Tagesmutter für die Betreuung zur Verfügung zu stellen.

Träger von Kindertageseinrichtungen können Träger der öffentlichen Jugendhilfe und Träger der freien Jugendhilfe sein. Seit im 19. Jahrhundert die Kinder- und Jugendhilfe als staatliche Aufgabe begriffen wurde – nachdem diese ursprünglich allein Aufgabe freier Träger war -, haben kommunale bzw. staatliche Fachbehörden die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe mit übernommen. Sie allein können allerdings die Sicherstellung des gesetzlichen Anspruchs auf einen Kitaplatz nicht gewährleisten und sind daher auf die Unterstützung der freien Träger – also nicht-staatlicher Träger – angewiesen. Zu diesen freien Trägern gehören die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (Caritas, DRK, ….) und unabhängige private, sozialunternehmerisch tätige gemeinnützige und nicht gemeinnützige Unternehmen oder Vereine.

Die Rolle der freien Träger

Und in nahezu allen Bundesländern sind es die freien Träger, die diesen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz überhaupt ermöglichen. Denn sie stellen nahezu die Hälfte der bundesweiten Kitaplätze. Dabei haben vor allem die „jüngeren“ unabhängigen privaten Träger einen großen Beitrag zum Ausbau der Kitaplätze geleistet. Mit anderen Worten: Ohne die freien unabhängigen Träger könnte der gesetzlich geregelte Anspruch auf einen Kitaplatz häufig gar nicht umgesetzt werden. Damit übernehmen die unabhängigen freien Träger eine hohe Verantwortung, sie stellen sich dem Wettbewerb und sie setzen den staatlich zugesagten Anspruch häufig überhaupt erst um. Formal sind die freien Träger den öffentlichen Träger gleichgestellt, ja, im Gesetz sind sogar ausdrücklich Prinzipien wie Vielfalt, partnerschaftliche Zusammenarbeit, das Wahlrecht der Eltern und eine plurale Angebotsstruktur verankert. Gleichwohl gestaltet sich in der Realität die Arbeit der freien Träger erheblich schwieriger als die der öffentlichen Träger, dies trifft noch mehr für die unabhängigen freien Träger zu. Denn allenthalben haben sie in der täglichen Arbeit mit Benachteiligungen zu kämpfen, die es erheblich erschweren, sich auf das zu konzentrieren, was sie als ihre eigentliche Aufgabe sehen: die qualifizierte Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung.

Diese unterschiedliche Behandlung der Träger basiert auf einer gesellschaftlichen, sozialen und historischen Situation, die inzwischen nicht mehr gegeben ist. Denn die Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Gesellschaft und in der Jugendhilfe ist heute eine deutlich andere als in den frühen Jahren der Bundesrepublik. Und auch die Bedeutung von Jugendhilfe hat sich erheblich gewandelt: Während früher staatlich organisierte Kinderbetreuung als Nothilfe für solche Familien angesehen wurde, die aus gesundheitlichen oder familiären Gründen nicht in der Lage waren, selbst die Betreuung der Kinder zu gewährleisten ist ein ausreichendes Angebot von Kinderbetreuung heute die Basis für das Familien- und Gesellschaftsbild des 21. Jahrhunderts. Und es ist weit mehr als Notbetreuung, es ist frühkindliche Bildung, also ein substantieller Beitrag zur Entwicklung der Kinder und Jugendlichen und damit zur Zukunft der Gesellschaft.

Die Realität: kartellartige Zustände

Heute bestimmen die staatlichen und in den großen Wohlfahrtsverbänden („G5“) organisierten Kitaträger kartellartig das System der Kinderbetreuung. Die Träger bieten für den Staat eine Sachleistung an und erfüllen damit den Rechtsanspruch auf den Kitaplatz, indem sie für die Kinder Kitaplätze zur Verfügung stellen. Es handelt sich nicht um ein nachfrageorientiertes System, sondern vielmehr um ein angebotsorientiertes System. Wirkliche Wahlfreiheit für die Eltern besteht auch aufgrund der Dominanz der staatlichen und vor allem kirchlichen Träger nicht. Fairer Wettbewerb wird so unterbunden. Nur dann, wenn wirklich Wahlfreiheit ermöglicht wird, kann Wettbewerb den Markt beflügeln, können Innovationen forciert werden und die Qualität der Arbeit verbessert werden. Auch die Monopolkommission hat dies bereits vor 20 Jahren und noch einmal vor 4 Jahren festgestellt und entsprechende Reformen gefordert. Und nicht zuletzt ist anzuzweifeln, ob das gegenwärtige System dem Beihilferecht der Europäischen Union entspricht.

Forderungen des Deutschen Kitaverbandes

– Gleichbehandlung mit dem Ziel unabhängige freie Träger auf allen Ebenen zu verankern und damit eine Basis für deren Arbeit zu sichern.

Dies bedeutet die Forderung nach Bürokratieabbau bei der Betriebsgründung und im laufenden Betrieb. Bei der Finanzierung setzen wir uns ein für einheitliche pauschalisierte Förderung. Und wir möchten mehr Beteiligung erreichen, dass auch die freien Träger in Fachgremien und der Politik gehört werden, zum Beispiel in Jugendhilfeausschüssen oder in den zuständigen Ministerien und Ausschüssen in den Landtagen und im Bundestag.

– Abschaffung der Eigenanteile

Das auf Eigenanteilen der freien Träger gestützte Finanzierungsmodell in einigen Landesgesetzen ist weder mit dem Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung aus § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII, noch mit der Gewährleistung eines pluralen, bedarfsgerechten Leistungsangebots nach § 79 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII vereinbar. Vielmehr fordern wir eine vollständige Entgeltfinanzierung für rechtsanspruchsgestützte Leistungen der Kinderbetreuung. Denn die Entgeltfinanzierung bietet eine auf die zu erbringende Leistung im Einzelfall ausgerichtete Kostenübernahme und sichert die Geltendmachung des Wunsch- und Wahlrechts.

– Gleichbehandlung bzw. Transparenz bei Vergabeverfahren

Freie, unabhängige Träger werden bei der Vergabe von Trägerschaften benachteiligt, da sie zumeist nicht über die historisch gewachsenen Strukturen verfügen wie die sogenannten „G5“. Der Deutsche Kitaverband fordert daher bundesweit verbindliche Regelungen zur Sicherung der gleichberechtigten Vergabe von Kitas durch Kommunen. Den Bund fordern wir auf, in der Jugendhilfeplanung für die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen zu sorgen.

– Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen

Das bilaterale Kartell des Staates und der Wohlfahrtsverbände in all seinen Erscheinungsformen muss aufgelöst werden. Parallel muss eine Orientierung an den Bedürfnissen der Leistungsempfänger umgesetzt werden und wir fordern eine Abschaffung der rechtlichen und finanziellen Privilegien gemeinnütziger Träger zulasten privat-gewerblicher Betreiber. Dies bedeutet: Gleiche Förderung für gleiche Leistung – unabhängig von der Rechtsform des Trägers!