Bundesvorsitzende Waltraud Weegmann: Wir können uns als Gesellschaft keine geschlossenen Kitas leisten

Berlin, 12.07.2023. Der alarmierende Personalmangel in der Kindertagesbetreuung ist eine Herausforderung, die zunehmend die eigentliche Aufgabe der Kitas – ein bereichernder Lebens- und Bildungsort zu sein – untergräbt. Eine Befragung des Deutschen Kitaverbands ergab, dass 69 Prozent der Träger Öffnungszeiten teilweise reduzieren, 58 Prozent haben bereits Aktivitäten mit den Kindern eingeschränkt (z.B. Ausflüge). Von Seiten der Kita-Träger mehren sich die Meldungen, dass sich die Situation ständig verschärft. Eine breit angelegte Reduzierung des Bildungs- und Betreuungsangebotes wird nach Auffassung des Deutschen Kitaverbands zu Einbußen in der Bildungsgerechtigkeit und zu deutlichen Einschränkungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen.

Waltraud Weegmann, Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbands: „Kitas sind der Bottleneck für die gesamte Gesellschaft. Eltern, die ihre Kinder wegen geschlossener Einrichtungen selbst betreuen müssen, stehen dem Arbeitsmarkt schlichtweg nicht zur Verfügung. In Zeiten des strukturellen Fachkräftemangels können sich Wirtschaft und Gesellschaft geschlossene Kitas einfach nicht leisten. “

Der Deutsche Kitaverband fordert ein Umdenken in der Fachkräfte-Diskussion: Neue praxisbegleitende, durchlässige Wege in den Beruf mit unterschiedlichen Ein-, Auf- und Ausstiegsmöglichkeiten, mehr Flexibilität und Verantwortung für die Kita-Träger bei der Stellenbesetzung sowie vielfältiger aufgestellte Kita-Teams – ohne die Qualität der frühkindlichen Bildung in den Kitas aus den Augen zu verlieren.

Waltraud Weegmann: „Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat wichtige Weichen für die Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten gestellt. Nun müssen konkrete Förderprogramme für die Rekrutierung pädagogischer Fachkräfte folgen. Die durch das Gesetz neu geschaffenen Strukturen müssen schnell umgesetzt werden.”

Die FDP-Fraktion schlägt in ihrem aktuellen Positionspapier konkrete Maßnahmen vor, die aus Perspektive des Deutschen Kitaverbands geeignet erscheinen, die Ausbildung für eine Tätigkeit in den Kitas zeitgemäß zu reformieren und bisher ungenutzte Potenziale bei den Fachkräften zu heben. Der Deutsche Kitaverband fordert schon seit längerem bundesweit einheitliche Standards für die Ausbildung, deren Vergütung sowie eine engere Verzahnung von Theorie und Praxis. Die Ausbildung muss nach Auffassung des Verbands modular strukturiert und allen Bildungsabschlüssen den Zugang zu einer Tätigkeit in der Kindertagesstätte ermöglichen.

Auch der von der FDP skizzierte Einsatz von zugewanderten Fachkräften, die parallel zum deutschen Spracherwerb bereits zeitlich befristet und in begrenztem Umfang in den Kitas tätig sein sollen, wäre als Maßnahme denkbar – wenn diese, wie vorgeschlagen, bereits ausgebildete Fachkräfte auf dem Weg zur Anerkennung sind. Studien weisen darauf hin, dass mehrsprachige Erzieher*innen besonders für Kinder mit nichtdeutschen Herkunftssprachen einen deutlichen pädagogischen Mehrwert haben und die Elternarbeit mit deren Familien immens erleichtern können.

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